Wege zu den Quellen der Lebendigkeit

 

Therapie als kreativer Prozeß


 

Lutz Rosenberg,

Luberg-Verlag, Bremen 2009

 

 

 

Lehrbuch der tiefenpsychologischen Psychotherapie

Zwei Bände mit zahlreichen Tabellen, über 120 Abbildungen
und einer CD-ROM mit verschiedenen Arbeitshilfen


Der vielleicht ein wenig romantisch anmutende Titel soll betonen, daß es im Leben -nicht nur bei neurotisch erkrankten Menschen- um das Finden, Anregen und nachhaltige Bewahren der eigenen Lebendigkeit geht.In der Psychotherapie sind dafür beim Therapeutenimmer wieder Intuition und Kreativität erforderlich. Diese zu befreien und immer weiter zu fördern und zu entwickeln ist Anliegen dieses Buches. Dies gilt natürlich auch für den Therapeuten. Er ist schließlich das Modell und will gesund und lebendig bleiben. Theorie kann unlebendig machen, zB. wenn die Diagnostik die Prozeßorientierung überwuchert, wenn Schulkonzepte Wahrnehmung Mit- und Einfühlung verstellen.   Das Pendeln zwischen Einfühlung und Verstehen ist nicht so einfach zu erlernen, ist aber ganz zentral.

 

Das Geschehen in der Psychotherapie ist überaus komplex. Und es wäre vermessen, wenn ich davon ausginge, nun hätte ich es endlich vollständig begriffen. Vielmehr ist es so: wenn ich wieder einmal glaube, etwas tiefer verstanden zu haben, bin ich erstaunt, daß ich das nicht schon früher gesehen habe. Und: etwa alle fünf Jahre rufe ich innerlich aus: "Jetzt! Jetzt hast Du es!" Bis zum nächsten Mal…

 

"Wenn Du etwas verstehen willst, schreib ein Buch darüber!" so sagt man halb im Ernst. Dies gilt um so mehr, wenn man erklären soll, wie denn das geht -Psychotherapie. Für mich hat sich das bewahrheitet, die Mühe hat sich gelohnt.

 

Im Verlauf der Jahre fiel mir außerdem auf, daß es noch kein Lehrbuch der TP gibt, das so nah wie irgend möglich an dem Geschehen in den Stunden bleibt. Ein weiterer Anreiz, es zu wagen. Nach jahrzehntelanger Lehrtätigkeit habe ich mir also ein Herz gefaßt und das Buch begonnen. Es wurde ein mühsames Unterfangen von über fünf Jahren. Fast jedes der Kapitel hatte am Ende zehn Fassungen durchlaufen. Dies gilt auch für so manche der Abbildungen, die ich wieder und wieder in Seminaren getestet habe. Und dann überlegen, es das nächste Mal möglichst noch klarer darzustellen.

 

Das nächste Problem: wieviel schreibt man denn und zu welchen Themen? Ich habe mich dazu durchgerungen, den ganzen Prozeß zu beschreiben Und nur so, daß ich sagen kann: ja so arbeite ich. Da man so ein Buch nicht auf einen Rutsch lesen und an Bord holen kann, galt es allerdings, die einzelnen Kapitel so zu schreiben, daß man sie auch für sich lesen kann, wenn ein bestimmter Aspekt besonders interessiert, etwa das Selbst, der Humor, die Symbolarbeit.

 

Der Inhalt wurde auch aus Gründen der Handlichkeit auf zwei Bände verteilt (s. Photo). Der erste Band ist den Grundlagen gewidmet. Es geht um das tiefenpsychologische Modell, das Verfassen von Kassenanträgen, die therapeutische Haltung, die Rolle der Intuition, um Ziele und Wirkfaktoren. Die entsprechenden Interventionsstrategien wie zB. Abwehr- und Widerstandsbearbeitung sowie das Fördern von Ressourcen werden stets an Beispielen veranschaulicht. Im zweiten Band werden einzelne Felder der therapeutischen Gemeinschaftsarbeit in jeweils einzelnen Kapiteln ausführlich dargestellt.

 

Um einen ersten Eindruck von dem Lehrbuch zu vermitteln, finden Sie neben der Inhaltsangabe das Vorwort und die Einleitung sowie binnem kurzen auch verschiedene Stichwortverzeichnisse.

 

Die für ein Lehrbuch überaus zahlreichen Abbildungen sollen das komplexe Geschehen der Therapie begreifbarer machen. Ein Musterfall und kurze Fallsequenzen sollen das praktische Vorgehen nachvollziehbar und erlebbar machen. Alle Vorgehensweisen werden zudem durch Interventionsbeispiele veranschaulicht. Diese sind mit einem besonders gekennzeichnet (µ), sodaß sie im Text leicht zu finden sind.

 

Die CD-ROM enthält eine Reihe von Arbeitshilfen, die sich für den eigenen Bedarf adaptieren lassen. Dies gilt besonders für die Anfangsdiagnostik und das Schreiben von Anträgen. Weitere Anleitungen betreffen das Verfassen von Abschlußarbeiten in der Ausbildung zum Tiefenpsychologen und die Arbeit für das KB-Kolloquium. Einige vergriffene Artikel wie zur  pränatalen Regression finden sich ebenfalls auf der CD. Fünf vom Autor gesprochene Anleitungen zu Kurz-KBs sollen dem Therapeuten zusätzliche Möglichkeiten geben, kurz zu regredieren, um bild- und gefühlshafte Schichten zu Rate zu ziehen, zB. um Gegenübertragungs-Blockaden aufzulösen. Weitere Anregungen auf der CD betreffen etwa die Schulung von Kreativität und Humor.

  

Das Buch ist auf die therapeutische Praxis orientiert mit dem Leitgedanken: so wenig Theorie wie möglich und soviel wie nötig. Tiefenpsychologisches Vorgehen wird in einen einfachen Theorie- und  Ordnungsrahmen gestellt, der Therapie klarer verstehbar und besser steuerbar macht. Altbewährte Techniken wie die Analyse von Abwehr, Übertragung und Gegenübertragung werden ausführlich dargestellt. Sie werden jedoch ergänzt durch verstärkte Einbeziehung der Ressourcen- und Lösungsorientierung. Intuition, Phantasie und Kreativität des Therapeuten werden als wichtige Faktoren angesehen, um entsprechende Potentiale auch bei den Patienten zu fördern.

 

Imaginationen haben eine zentrale Bedeutung bei Entstehung und Beibehaltung von störenden, aus der Vergangenheit stammenden, unguten Abwehr-Lösungen und entsprechend auch bei deren Auflösung. Ausgehend von jahrzehntelangen Erfahrungen mit dem KB wird dargestellt, wie das Regressionsproblem der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie durch gut steuerbare Minitrancen und den Einsatz von Imaginationen (KBs und Quasi-KBs) gelöst werden kann.

  

Schon mit dem Grundmodell wird eine Integration auch anderer Therapieschulen möglich. So werden die sog. vier Psychologien (Trieb-, Ich-, Selbstpsychologie, Objekt-Beziehungstheorie) in dem Modell miteinander verbunden. Weitere wichtige Aspekte kommen von der Kybernetik, von systemischen und lerntheoretischen Ansätzen und der Hypnotherapie. Bislang weniger beachtete Aspekte wie Dialektik und Therapeutisches Doublebind werden erläutert und über mögliche Interventionen verdeutlicht. Für einige Bereiche werden vorherrschende Betrachtungsweisen wesentlich erweitert. So wird zB. die pränatale Zeit mit einbezogen.

 

Lösungsstreben, Neugier, Spiel und Humor werden als zentrale Antriebe hervorgehoben. Auch auf altes Wissen, zB. um die Chakren, wird Bezug genommen. Die Möglichkeiten des Erlebens erweiterten sich auch dadurch noch einmal über das hinaus, was bereits seit langem in erlebnisbetonteren Methoden wie Psychodrama und KB erreicht werden konnte. Durch das Grundmodell, verschiedene Erweiterungen und Denkhilfen erhält der Therapeut insgesamt mehr Möglichkeiten, verengende, ungute Konstrukte nicht nur beim Patienten zu überwinden, um Abwehr und konflikthaftes Erleben besser zu verstehen und neue Lösungen in Richtung von mehr Lebendigkeit zu unterstützen. Neben der Aufhebung dynamisch bedingter Blockaden wird die Rolle von Übung und Lernen bei Entstehung und Auflösung starrer Abwehrreaktionen betont und zB. eine Schulung von Ichaspekten ausführlich beschrieben. Voraussetzungen und Möglichkeiten einer offeneren, integrativ ausgerichteten Psychotherapie werden diskutiert.